Samstag, 16. Juni 2012

Qualität der Initiative Netzqualität (2)

Die Kapitel dieser Reihe:
  1. Wenn ich ein Brot bestelle, will ich kein Brötchen haben 
  2. Wer glaubt, dass der BNetzA-Testclient die reine Netzqualität misst, glaubt auch dass Fallschirmjäger Fallschirme jagen
  3. Die unermesslichen Weiten der divenhaften TAL
  4. Besseres Glaskugel lesen dank Glasfasern

There is no place like home - Die Messung von daheim


Wer die Geschwindigkeit eines Anschlusses messen will, hat mit vielen unterschiedlichen Unwägbarkeiten zu kämpfen: langsame Rechner oder langsame Betriebssysteme. Die ADSL-Synchronisation kann auch mit 16 MBit/s erfolgen - aber bei Verquickung von langsamen Routern (z.B. Cisco 800er Serie) mit dem sicherheitsorientierten Interleave-Modus können auch mal nur noch 10 Mbit/s bei der Netzwerkkarte ankommen.





Wie sich das auswirkt, habe ich in der 2. Messreihe erfahren. Diese wurde sie bei mir daheim an meinem Q-DSL office Anschluss mit bis zu 16.000 kBit/sec durchgeführt. Diese Leitung ist ca. 1,5 km lang und liegt in einem Haus von 1960. Das führt dazu, dass auf dem Weg durch 62 Jahre alte Kupferkabel einiges an Signalstärke verloren geht. Genauer führe ich das aber erst im nächsten Teil aus. Jetzt erstmal die Messung.

Die Komponenten:
  • Q-DSL office 16M Anschluss
  • DSL-Modem Thomson SpeedTouch 516l v6
  • DSL-Router AVM FRITZ!Box 7270 Router.  Anbindung an Q-DSL office wechselnd mit internem Fritz-DSL-Modem und externem SpeedTouch)
  • MacBook Late 2008 - Anbindung an FRITZ!Box wechselnd mit LAN und WLAN (IEE 802.11n - 130 MBit/s)
  • Browser Firefox
Beim Start der Messung fiel mir etwas auf. Während ich noch einige Stunden zuvor im Büro per Screenshot festgehalten habe, dass nur in der FAQ auf die optimale Messumgebung (kein WLAN) hingewiesen wird, wurde nun die Test-Software von 4.2.18 auf 4.2.19 aktualisiert. In dieser wird beim Start als letzte Frage abgefragt, ob man denn auch wirklich über ein LAN misst.

Zum Vergrößern anklicken

Hat da etwa jemand auf mein Blog reagiert? Nee - ich denke, dass ich nicht der erste war, dem das aufgefallen war.

Die Messungen:





Screenshots (zum Vergrößern anklicken):

Erkenntnisse:
  1. Das interne DSL-Modem der FRITZ!Box synchronisiert 30% langsamer als das SpeedTouch-Modem. Das dürfte daran liegen, dass die DSL-Vermittlungsstelle wie auch das SpeedTouch-Modem Chipsätze von Broadcom einsetzen. Die verstehen sich untereinander offenbar besser.
  2. Der Einsatz von WLAN gegenüber LAN kostet bei dieser relativ langsamen Verbindung immerhin noch 16% an Leistung. Direkt an der FRITZ!Box machte es kaum einen Unterschied - deshalb habe ich die Messung weggelassen.
  3. Die Leistungseinbrüche sind nur beim Download relevant. Auf den Upload wirkten sich weder der Wechsel der Anbindung des Computers noch des DSL-Modems aus.
  4. Beim Einsatz der FRITZ!Box als Modem bekommt man immerhin die Synchronisierungsrate in der Zeile links unten angezeigt. Da erkennt man gut, dass DSL-Speed nicht gleich Client-Speed ist.
Dass bei DSL die AVM-Software für die Bundesnetzagentur immerhin genauso gut ist wie die Software in der eigenen AVM-Hardware, zeigt das Analysetool der FRITZ!Box. Hier ist zu sehen, dass sich die Messung Nr. 3 für den Router genauso wie für die Software darstellte:

Zum Vergößern klicken




Richtig überraschend ist das aber nicht. Der Router kann ja nur die Daten messen, die das Testtool verschicken kann. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.


Wer glaubt, dass der BNetzA-Testclient die reine Netzqualität misst, glaubt auch dass Fallschirmjäger Fallschirme jagen




Faktisch misst der Test der Bundesnetzagentur also nicht die Breitbandgeschwindigkeiten in Deutschland, sondern wie schnell die Daten von ihren Testservern über eine völlig unbekannte Verbindung von völlig unterschiedlichen Endgeräten verarbeitet werden. Das kann auch ein interessanter Wert sein. Für Onlinevideotheken ergibt sich nämlich daraus, wieviel Prozent der Anwender überhaupt HD-Filme in vernünftiger Qualität empfangen könnten. Aber es ist eben nicht die Netzqualität des konkreten Anschlusses.

Hat nichts mit dem Text links zu tun
Etwas nebulös schreibt die BNetzA noch von einer zweiten, grundsätzlich anderen Komponente zur Messung neben dem Flash-Client

"[...]eine deutschlandweite Messplattform, die Ergebnisse innerhalb einer kontrollierten Messumgebung generiert[...]"
Auf das Setup und die Ergebnisse bin ich gespannt. Die Geheimniskrämerei schützt natürlich davor, dass die Provider mal eben ihr Netz bezüglich dieser Messplattformen optimieren. Aber wenn die eingesetzte Software genauso unglücklich konzeptioniert ist wie der Flash-Client, dann hat die BNetzA viel Geld ausgegeben und genausoviel belastbare Ergebnisse erbracht wie die Schufa bei ihrem Schnüffelversuch auf Facebook.

Du bist immer dann am besten, wenn's Dir eigentlich egal ist (Die Ärzte)
Du misst immer dann am besten, wenn der Server ganz lokal steht (ich)


Wer möglichst viele Fehlerquellen bei der Messung ausblenden will, sollte bei seinem eigenen Provider messen. QSC stellt hierfür z.B. für seine Kunden unter
http://speedtest.qsc.de
Beispieldateien in unterschiedlichen Größen bereit. Beim Firmenanschluss habe ich trotz 100 MBit/s LAN und GigaBit-WAN-Anbindung des Rechenzentrums reproduzierbar "nur" 88 MBit/s erreicht. Das dürfte wohl am Flaschenhals Windows XP liegen. Kunden anderer Provider nutzt dieser Server nichts - denn sie wissen ja nicht, ob die Begrenzung durch ihren Breitbandanschluss erfolgt oder durch einen Stau auf der Datenautobahn zwischen seinem Provider und QSC.






Worin weitere Schwierigkeiten speziell bei DSL-Leitungen liegen, erfährt der neugierige Leser hier.

  1. Wenn ich ein Brot bestelle, will ich kein Brötchen haben 
  2. Wer glaubt, dass der BNetzA-Testclient die reine Netzqualität misst, glaubt auch dass Fallschirmjäger Fallschirme jagen
  3. Die unermesslichen Weiten der divenhaften TAL
  4. Besseres Glaskugel lesen dank Glasfasern

1 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Interessant. Ich messe immer mit wie.ist-meine-ip.de und da kommt in etwa das heraus, was ich erwarte (also bei VDSL50 durchaus knapp 49MB Download), obwohl ich durchaus ein paar Geräte dazwischenhabe. Und ich bin kein E-Techniker, der das so gut erklären kann...

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